Musica inaudita Fokus Lateinamerika
Die uns bekannte Konzertkultur entstand im Europa des 19. Jahrhunderts und mit ihr ein Kanon westlicher Kunstmusik, der bis heute gelehrt, gespielt und gehört wird. 76% der von Orchestern weltweit gespielten Werke sind von weißen toten Männern (Donne Report 2022). Das wollen wir ändern. In diesem Konzert stellen wir zeitgenössische lateinamerikanische Musik in den Fokus, die feministisch und klimapolitisch ausgerichtet ist. Diese Musik ist beeinflusst von alten Techniken, Alltags- und Naturklängen sowie von elektronischer Musik.
Musica inaudita
ist eine studentische Initiative an der UdK Berlin. U.a. veranstalten wir Konzerte mit Musik von Künstler*innen, die wegen verschiedener Diskriminierungsgründe wie Gender, Race, sexuelle Identität, Behinderung oder Religion nicht im heutigen Kanon enthalten sind.
Handwerkszeug: Aufbau einer Diversitätsinfrastruktur in Theaterinstitutionen
2018 haben Julia Wissert und Sonja Laaser (Juristin und Dramaturgin) die Anti-Rassismus-Klausel entworfen (www.antirassismusklausel.de). Die Klausel ist ein Instrument, um die an einem Vertragsverhältnis Beteiligten vor rassistischen Äußerungen und Angriffen seitens Beschäftigter des Auftraggebers zu schützen. Julia Wissert, Merle Grimme, Joy Kalu und Karina Griffith diskutieren dieses und andere konkrete Beispiele für aktives Eingreifen in deutsche Theater- und Filminstitutionen. Wie können wir in unserer Kunstpraxis Instrumente entwickeln, die unterschiedliche Ansätze und Perspektiven schützen und fördern? Wie können wir nachhaltige Vielfalt in Kunststrukturen schaffen?
Merle Grimme
ist Drehbuchautorin, Regisseurin und Produzentin. Merle Grimmes Abschlussarbeit an der HFF München, die Miniserie Clashing Differences, wurde in allen Kategorien des Neuen Deutschen Filmpreises nominiert (Beste Regie, Beste Produktion, Bestes Drehbuch, Beste schauspielerische Leistung). Merle Grimme gewann den Preis für das Beste Drehbuch sowie den großen Publikumspreis bei den First Steps Awards.
Joy Kristin Kalu
ist Dramaturgin und Kuratorin für internationale aufführende Künste und promovierte Theaterwissenschaftlerin. Zuletzt arbeitete sie als leitende Dramaturgin an den Berliner Sophiensaelen (2017-2023). Aktuell lehrt sie als Gastprofessorin für performative Künste an der Universität der Künste Berlin.
Julia Wissert
ist die aktuelle Intendantin des Schauspiel Dortmund. Im Jahr 2023 war Julia Wissert Gastprofessorin am Institut für Kunst im Kontext in der Fakultät Bildende Kunst an der Universität der Künste Berlin.
Karina Griffith (Moderation)
ist bildende Künstlerin, Filmprogrammiererin und Kuratorin mit einem Doktortitel in Filmwissenschaft. Derzeit ist sie Dozentin für Medientheorie und -praxis am Institut für Kunst im Kontext an der Universität der Künste Berlin
critical.costume: Memes für Self-Empowerment
In unserem Workshop möchten wir über unsere künstlerische Praxis als Kostümschaffende sprechen und mit euch überlegen, wie gegenseitiges Empowerment aussehen könnte. Wir möchten uns mit euch vernetzen und in den Austausch darüber treten, welche Entwicklungen ihr euch in der Theater- und Filmbranche oder auch anderen künstlerischen Arbeitsfeldern wünscht. Hören, wie eure Arbeitsrealität als Kulturschaffende aussieht und welche Ähnlichkeiten und Unterschiede es gibt. Ein konkretes Mittel, wie wir Erfahrungen von Kostümschaffenden sammeln und die absurden Situationen des Arbeitsalltags sichtbar machen, sind Memes. Wir wollen mit euch ein Meme erstellen, das zeigt, womit Kostümschaffende täglich konfrontiert werden.
critical.costume
ist ein Sprachrohr für Kostümschaffende. Indem wir kollektive Erfahrungen sammeln, können wir über Social Media für Kostümbildner*innen einstehen. Unser Departement wird häufig missverstanden und nicht angemessen wertgeschätzt. Deshalb setzen wir uns für mehr Sichtbarkeit ein. Wir wollen auf Missstände im Theater, Film und in der freien Szene aufmerksam machen. Wir möchten Awareness für sensible künstlerische Praxis und intersektionales Denken schaffen.
Institutioneller Beigeschmack Institutional Aftertaste
Sich kritisch mit Institutionen wie der Kunsthochschule auseinanderzusetzen und gleichzeitig innerhalb dieser zu studieren und zu arbeiten, kann schwer verdauliche Widersprüche mit sich bringen. In einem multisensorischen Austauschformat wollen wir uns diese Ambivalenzen auf der Zunge zergehen lassen – beim gemeinsamen Tischgespräch, begleitet von bittersüßen, knackenden und klebrigen Häppchen.
Teilnehmer*innen: 20 (mit Anmeldung)
Kontaktiert uns per Mail, um uns eure Teilnahmebedürfnisse, Allergien oder Fragen mitzuteilen: hello@newschool-summerschool.org
Destina Atasayar, Lu Herbst, Lucie Jo Knilli, Charlotte Perka und Lioba Wachtel
organisieren kollektiv künstlerische Austauschformate über institutionelle Ausschlüsse, studentischen Zusammenhalt und Lernutopien. Ausgangspunkt dafür sind ihre Erfahrungen als (ehemalige) Studierende der UdK Berlin, HfBK Hamburg, Burg Halle und Universität Wien. Die Zusammenarbeit entstand aus einer Kooperation der Kollektive Eine Krise bekommen und In the Meantime. www.newschool-summerschool.org / www.einekrisebekommen.xyz / www.in-the-meantime.net
Conversations on Care & Access
In diesem Mini-Workshop sprechen wir, Claire und Angela, erst untereinander und dann mit euch über das Thema „Care & Access“. Ausgangspunkt für die Gespräche sind zwei kleine Texte, die wir gerne mit euch teilen. Das Lesen der Texte ist keine Voraussetzung für die Teilnahme am Workshop. Zwischen den Gesprächen bieten wir noch eine kleine Übung zum Ausruhen an.
– Critical Diversity Policy. Strategy for Antidiscrimination & Diversity Berlin University of the Arts, Chapter 2.6 Accessibility at/of Arts Universities, Universität der Künste Berlin, 2023.
– Claire Cunningham: “Equations of Care & Responsibility”, in: Danceolitics, ed. by Simone Willeit and Kasia Wolińska, Uferstudios GmbH, Berlin 2022.
Bitte anmelden und gerne Zugangsbedürfnisse mitteilen: unlearning@udk-berlin.de
Angela Alves
ist Claire Cunninghams künstlerische Mitarbeiterin in der neu gegründeten Abteilung Choreographie, Tanz und Disability Art am HZT Berlin. Ihre künstlerische Arbeit ist stark geprägt von ihrer Lebensrealität als chronisch kranke Frau.
Claire Cunningham
wurde kürzlich als Professorin für Choreografie, Tanz und Disability Art ans HZT Berlin berufen; sie ist darstellende Künstlerin und Choreografin. Ihre Forschung befasst sich mit Crip-Techniken von behinderten Tanzkünstler*innen, Ästhetiken von Access und Praktiken der Fürsorge.
Die Selbstverständlichkeit von Klassismus an Kunsthochschulen. Wie können wir Ausgrenzung vermeiden, wenn sie konstitutiv ist?
Ausschlüsse und Diskriminierung an Kunsthochschulen wirken hauptsächlich über Klassismus, wenngleich fast immer in intersektionaler Verknüpfung mit anderen Formen der Diskriminierung. Einerseits bestätigen Resultate aus der Studie „Art.School.Differences“ (2016) eine institutionelle Normativität. Andererseits zeigt der Blick auf die historische Etablierung von Kunsthochschulen, dass ihre Existenz von Anfang an auf Klassismus fußt. In einem ersten Teil möchten wir ausloten, was das für Angehörige der Institution heute bedeutet. In einem zweiten Teil werden wir anhand von Ablehnungsbriefen Möglichkeiten einer offeneren und zugänglicheren Kunsthochschule diskutieren.
Ruth Sonderegger
ist Professorin für Philosophie und ästhetische Theorie an der Akademie der bildenen Künste Wien. Ihre derzeitigen Arbeitsschwerpunkte sind: Konstitution und Geschichte der westlichen philosophischen Ästhetik (im Kontext des Racial Capitalism), Praxistheorien, Cultural Studies, kritische Theorien und Widerstandsforschung.
Sophie Vögele
ist wissenschaftliche Mitarbeiterin und lehrt an der Zürcher Hochschule der Künste ZHdK. Einer ihrer Schwerpunkte umfasst institutionalisierte Mechanismen von In- und Exklusion aus feministisch-postkolonialer Perspektive (siehe hier). Aktuelle Projekte zu kultureller Teilhabe und Nachhaltigkeit sowie zu Repräsentation.
Destina Atasayar, Lu Herbst, Lucie Jo Knilli, Charlotte Perka und Lioba Wachtel
organisieren kollektiv künstlerische Austauschformate über institutionelle Ausschlüsse, studentischen Zusammenhalt und Lernutopien. Ausgangspunkt dafür sind ihre Erfahrungen als (ehemalige) Studierende der UdK Berlin, HfBK Hamburg, Burg Halle und Universität Wien. Die Zusammenarbeit entstand aus einer Kooperation der Kollektive Eine Krise bekommen und In the Meantime. www.newschool-summerschool.org / www.einekrisebekommen.xyz / www.in-the-meantime.net
Elena Meilicke
ist wissenschaftliche Mitarbeiterin für Medientheorie an der UdK Berlin. Promotion zu Paranoia als Medienpathologie, aktuell arbeitet sie zur Wissens-, Medien- und Kulturgeschichte der Resilienz und zu filmischen Autosoziobiografien.
Verlernen
Das Panel versammelt einige Herausgeber*innen und Autor*innen des kürzlich erschienenen Bandes Künste dekolonisieren. Ästhetische Praktiken des Lernens und Verlernens (Fink Verlag 2023), der u. a. aus den Beiträgen einer im Wintersemester 2017/18 stattgefundenen Vorlesungsreihe an der UdK Berlin hervorgegangen ist. Ausgehend davon sprechen wir gemeinsam über das Konzept und die Praxen des Verlernens. Dabei soll es u. a. um Themen wie materielle Bedingungen, Zugänglichkeit oder de/koloniale Wissensproduktion gehen, die insbesondere, aber nicht ausschließlich, die Kunstuniversität betreffen.
Juana Awad
studierte Semiotik, Theaterwissenschaften, Medienkunst und Kulturen des Kuratorischen. Ihre Hauptinteressen gelten den Überschneidungen von Wissensproduktion und äesthetischen Praktiken; sowie dem politischen Potenzial der Präsentation von Kunst und Kultur. Derzeit forscht und lehrt sie an der weißensee kunsthochschule berlin.
Julian Sverre Bauer
hat vor kurzem sein seinem Dissertationsprojekt „Rassisierung als Technologie bewegter Bilder“ an der UdK abgeschlossen und war zuletzt an der HBK Braunschweig tätig. Neben medienwisschaftlichen Fragestellungen interessiert er sich insbesondere für Science and Technology Studies, Post/koloniale Studien und Queer Theory.
Maja Figge
ist Kultur- und Medienwissenschaftlerin und lebt in Berlin. Ihre Arbeitsschwerpunkte sind insbesondere intersektionale Gender/Queer Media Studies, postkoloniale Medientheorien, transnationale Bewegtbildmedien. Sie ist Mitherausgeberin des Bandes Künste dekolonisieren. Ästhetische Praktiken des Lernens und Verlernens (transcript 2023).
Rena Onat
ist Kunst- und Medienwissenschaftlerin und interessiert sich für Queer of Color Kritik in der visuellen Kultur. Sie positioniert sich als deutschtürkische Femme und hat kürzlich ihre Doktorarbeit zum Thema „Queere Künstler_innen of Color. Verhandlungen von Disidentifikation, Überleben und Un-Archiving im deutschen Kontext“ abgeschlossen. Sie hat am Institut für Medienwissenschaft der HBK Braunschweig und im Helene-Lange-Kolleg Queer Studies und Intermedialität: Kunst – Musik – Medienkultur an der Uni Oldenburg als wissenschaftliche Mitarbeiterin gearbeitet. Seit 2023 ist sie die Hauptamtliche Frauenbeauftragte an der weißensee kunsthochschule berlin. Außerdem macht sie Lehraufträge, Vorträge und Workshops zu Kunst, Empowerment und Antidiskriminierung und mag Pferde.
World Café zur Critical Diversity Policy
organisiert von Alejandra Nieves Camacho und Mathilde ter Heijne (beide UdK Berlin)
Wir möchten dazu einladen, in wechselnden Kleingruppen die sechs zentralen Handlungsfelder der Critical Diversity Policy und eines Code of Conduct der UdK Berlin zu diskutieren. Ziel ist es, durch persönliche Begegnungen und interdisziplinäre Diskussionen die Umsetzung der Critical Diversity Policy zu fördern. Wenn wir uns gemeinsam mit relevanten Zukunftsfragen auseinandersetzen, können neue Ideen entstehen und wir lernen voneinander.
Die Teilnehmer*innen können je nach persönlichem Interesse die Themenbereiche und Fragestellungen auswählen, die sie in Gruppen diskutieren möchten.
Soundscapes des institutionellen Lernens
Wo liegt der Zugang zur eigenen Stimme und wie wird sie hörbar? Wir identifizieren Körperstellen, die in Verbindung mit universitären oder schulischen Erfahrungen stehen und übersetzen diese in Sound und Textflächen. Dafür stehen Mikrofone, Beat und Effektgerät zur Verfügung. In unseren Improvisationen steht das freie Experimentieren jenseits von Richtig und Falsch im Vordergrund.
Jakob* vom Kollektiv Gather
dipl. Performer*in, Fokus auf Körper, Stimme, digitale Performance. Teil des Band-Kollektivs „Die Schlangenknaben“ – klassische Musik aus queerfeministischer Perspektive.
Gather ist ein partizipatives Projekt mit geteiltem intersektionalen Interesse an Kunst/Musik und kollektivem Hierarchie-armen Lernen.
Rassismuskritische Perspektiven auf musikbezogene Felder und Studiengänge der UdK Berlin
organisiert von: Isabelle Heiss, Johann Honnens und Christine Hoppe (alle UdK Berlin)
Basierend auf den drei Ausgangspunkten des Symposiums Kanonkritik – Zugänglichkeit – Methodologien werden in dieser Sektion musikbezogene Felder unter einer rassismuskritischen und intersektionalen Perspektive in den Blick genommen. Nach drei Impulsvorträgen von Maiko Kawabata, Daniele Daude und Johannes Ismaiel-Wendt mündet die Sektion in ein von Tsepo Bollwinkel geleitetes Diskussionsforum, in dem an verschiedenen Thementischen ein Austausch über ausschließende Strukturen und „Verlernprozesse“ in den musikbezogenen Studiengängen der UdK Berlin im Zentrum steht.
Johannes Salim Ismaiel-Wendt: Von Vorsingen und prekären Bretterbuden
In diesem Beitrag reflektiere ich meine Versuche „dissonanter Partizipation“ (Hark 2005) am institutionalisierten Hype of Decolonisation. Ich frage danach, warum ich das Gefühl habe, immer nur „provisorische[] Bretterbuden“ (Hark 2005: 370) zu bauen in den etablierten „Institutionen des Wissens“ (Kretschmann, Pahl, Scholz 2004). Hat das auch mit den Plätzen, den Universitäten, Museen etc. zu tun, auf und in denen ich oder wir bauen? Ist es vielleicht auch gut so, weiterhin nur provisorische Konstruktionen zu platzieren? Wer lässt mich eigentlich heute vorsingen, bevor ich Zugriff auf eine einigermaßen tragfähige materielle Infrastruktur bekomme? Auf welche Deals lasse ich mich ein, um für Phantasien von Herrschaftsfreiheit kleine Proberäume bauen zu können?
Johannes Salim Ismaiel-Wendt
ist Professor für Musiksoziologie und Popular Music Studies an der Universität Hildesheim, Deutschland. Er ist Autor von tracks‘n‘treks. Populäre Musik und Postkoloniale Analyse (2011), post_PRESETS. Kultur, Wissen und populäre MusikmachDinge (2016), Herausgeber von Postcolonial Repercussions (2022 mit Andi Schoon) u. a. Ismaiel-Wendt ist Gründungsmitglied des Kollektivs ARK [Arkestrated Rhythm Komplexities], einem Kollektiv für post-repräsentative Sound Lectures und Installationen zu global verschränkten Geschichten von Musik, Sampling-Kulturen und Drum Machines. ARK präsentierte und präsentiert seine Arbeit in diversen Ausstellungen und Live-Sessions.
Daniele G. Daude: The myth of opera analysis – for a situated opera
Als Teilgebiet der musikwissenschaftlichen Analyse wird die Opernanalyse im deutschsprachigen Raum noch weitgehend als Opernmusikanalyse verstanden und gelehrt. Der Schwerpunkt liegt auf der Beschreibung und Interpretation der einzelnen Elemente und ihrer Beziehung zueinander. Mehr als in anderen europäischen Ländern basiert die deutsche Opernforschung auf der scharfen Unterscheidung zwischen „dem Musikalischen“ und „dem Nicht-Musikalischen“ (Hanslick, 1875). Das bedeutet zum einen, dass die Opernanalyse auf die Erfassung der logozentrischen Elemente (Notentexte, Libretti, Briefe, Nachlässe etc.) reduziert wird, was zum anderen die szenischen Elemente als Ausführung des Werkes erklärt (Dahlhaus, Danuser). Drittens führt dies dazu, dass Opernforscher*innen ihre ideologischen und kulturellen Einflüsse sowie ihre gesellschaftliche Positionierung nie als Elemente der Analyse anerkennen und ihre Arbeit als universell, objektiv und a-historisch darstellen. Mit den Studien der kritischen Musik- und Theaterwissenschaftler*innen in den letzten Jahrzehnten wurde diese Überzeugung mehrfach in Frage gestellt. Auch wurden Alternative für neue Techniken und Methoden der Opernanalyse erarbeitet. Mein Beitrag wirft die Frage nach dem Umgang mit ideologiebeladenem Material, den Kriterien der Opernanalyse und einem kritischen System mit pädagogischer Zielsetzung auf.
Daniele G. Daude
ist Musik-, Theaterwissenschaftler*in und Dramaturg*in. Bereits während des Musikstudiums gründete und leitete Daniele G. Daude Chöre und Streicherensembles. Nach dem Musikstudium am Conservatoire National (Region Aubervilliers) promovierte Daniele G. Daude 2011 in Theaterwissenschaften an der Freien Universität Berlin mit dem Schwerpunkt Aufführungsanalyse und 2013 in Musikwissenschaft an der Université Paris 8 mit dem Schwerpunkt Opernanalyse. Seit 2008 lehrt Daniele G. Daude an deutschen und französischen Universitäten. 2013-2015 ist Daniele G. Daude Gastprofessor*in für Darstellende Kunst am Campus Caribéen des Arts (Martinique). 2016–2022 ist Daniele G. Daude Maître*sse de Conferences für Ästhetik und Philosophie. Im selben Jahr gründet Daniele G. Daude das Ensemble The String Archestra, um Werke BIPoC Komponist*innen aufzuführen, die sowohl aus der kanonischen Musikgeschichtsschreibung als auch aus dem standardisierten Konzertrepertoire unsichtbar gemacht wurden. Im Jahr 2021 wird The String Archestra für seine langjährige Arbeit mit dem TONALi Award in der Kategorie „Umbruch“ ausgezeichnet. Daniele G. Daude ist seit 2016 als Dramaturg*in für Konzert, Oper und Theater tätig. danielegdaude.com com-chor.de/ thestringarchestra.com
Maiko Kawabata: Die neue „Yellow Peril“ in westeuropäischen Symphonieorchestern
Der Begriff „Yellow Peril“ bezieht sich auf die historische rassistische Phobie vor der Invasion von Ausländern, insbesondere aus Ostasien und beschreibt auch ein aktuelles Problem in professionellen westeuropäischen Orchestern. Meine Interviews mit ethnisch chinesischen, japanischen, ko-
reanischen und taiwanesischen Musiker*innen offenbaren, dass Mobbing, Mikroaggressionen und Diskriminierung in einer Reihe von Situationen vorkommen, die von Konservatorien bis hin zu Vorspielen, Proben, Konzerten und Tourneen reichen. Die Gründe für das Fortbestehen der allgegenwärtigen Stereotypen des seelenlosen Automaten oder des ewigen Außen- seiters scheinen letztlich strukturell bedingt zu sein: Die tief verwurzelte eurozentrische Heuchelei, dass die „universelle“ Sprache der klassischen Musik ausschließlich Weißen gehört, spiegelt eine Ideologie der weißen Vorherrschaft wider. Während US-Wissenschaftlerinnen (Mari Yoshihara, Mina Yang, Grace Wang) den Rassismus gegen ostasiatische und asiatisch-amerikanische klassische Musiker*innen dokumentiert haben, hat der „Yellow-Perilism“ in Berlin, London oder Wien in der wissenschaftlichen Literatur weniger Beachtung gefunden. Die Anerkennung bestehender Ungleichheiten ist ein notwendiger erster Schritt, wenn der Sektor wirklich vielfältiger und inklusiver werden soll.
Maiko Kawabata
Dozentin für Musik am Royal College of Music und Lehrbeauftragte an der Open University, ist eine preisgekrönte Musikwissenschaftlerin und professionelle Geigerin. Sie ist die Autorin von Paganini, the „Demonic‘ Virtuoso“ und Mitherausgeberin des Bandes Exploring Virtuosities: Heinrich Wilhelm Ernst, Nineteenth-Century Musical Practices and Beyond. Zu ihren Forschungsinteressen gehören Aufführungsgeschichte, Performance Studies, Gender Studies, Musik und Race. Maikos Forschung über die japanische Komponistin Kikuko Kanai wurde von der BBC und dem AHRC gefördert. Sie spielte Violine in zahlreichen Orchestern und Kammermusikensembles in Großbritannien, den USA und Deutschland.
Tsepo Bollwinkel Keele
denkt, schreibt und spricht zu rassifizierten Identitäten und Weißsein und zu Politiken der Globalen Mehrheit – und ist gleichzeitig in der 35. Spielzeit 1. Solo Oboist an einem deutschen Stadttheater, weshalb ein machtkritischer Blick auf den Kulturbetrieb ein Arbeitsschwerpunkt ist.
Questions towards the Logics of Canonization in Art & Design Histories
Die Logik der Kanonisierung in der Kunst- und Designgeschichte für das, was in Lehre, Forschung und
Kuration als relevant angesehen wird, ist tief in der longue durée der jeweiligen Disziplinen verwurzelt (19. Jahrhundert für Kunstgeschichte und frühes 20. Jahrhundert für Designgeschichte). Die Teilnehmenden des Podiums sind in Theorie, Praxis und in Kombinationen von beidem tätig. Sie fordern eurozentrische Logiken aus verschiedenen Perspektiven heraus, um die Strukturen der Kanonisierungsprozesse zu diversifizieren, zu pluralisieren, zu de-hierarchisieren und zu dekolonisieren. Das Panel will Ansätze für einen kritischen und inklusiveren Umgang mit dem kanonischen Erbe der Kunst- und Designgeschichten sammeln, fokussieren und diskutieren.
Işıl Eğrikavuk: Wie zusammenarbeiten? Dialog, Mitgestaltung und Vernetzung aufbauen
In ihrem Vortrag wird Işıl Eğrikavuk über ihr laufendes Projekt an der UdK Berlin The Other Garden sprechen, das sie mit ihren Studierenden durchführt, sowie über ihre Doktorarbeit, bei der sie mit Ökologie- und Kunstkollektiven aus der Türkei zusammengearbeitet hat.
Işıl Eğrikavuk
studierte westliche Literatur an der Boğaziçi-Universität, Istanbul und schloss einen MFA in Performance Art an der School of the Art Institute of Chicago (SAIC) ab, mit einem Stipendium der Koç-Stiftung. Im Jahr 2021 promovierte sie an der Istanbul Bilgi University mit der Arbeit „From A Political Protest To An Art Exhibition: Building Interconnectedness Through Dialogue-Based Art“. Eğrikavuk lebt in Berlin und arbeitet seit 2017 als Dozentin an der Universität der Künste Berlin.
Carolin Overhoff Ferreira: Wie kann Kunst in Theorie und Praxis dekolonialisiert werden?
Dekolonialität ist eine Herausforderung für die westliche Idee der Moderne, da erinnert werden muss,
dass Kolonialität, also koloniale Denkund Handlungsmuster hierfür grundlegend waren. Dies muss benannt und durch die Einbeziehung nicht-westlicher Epistemologien verändert werden. Kunst, ihre Geschichte, Theorie und Praxis müssen sich dieser Herausforderung stellen, da durch die
Hierarchisierung von Kunst und Artefakt eine Abwertung anderer Kulturen und ihrer Kunstproduktion vorgenommen wurde, die maßgeblicher Teil der Eroberung war. Die westliche Kunst, ihre Lehre und ihr Studium sind aufgefordert, Dekolonialität als Methode aufzunehmen. Dafür setzt sich der Beitrag ein, der diese Herausforderung aus brasilianischer Perspektive beschreibt.
Carolin Overhoff Ferreira
ist habilitierte Professorin (Associada) am Department für Kunstgeschichte der Bundes-Universität São Paulo. Sie war Assistenzprofessorin an der Katholischen Universität Portugals in Porto, Postdoktorandin an der Universität São Paulo, International Research Fellow an den Universitäten Oxford und Cambridge und Gastprofessorin an den Universitäten Coimbra und Bristol. Als Lehrbeauftragte war sie an der Freien Universität Berlin und an der Fachhochschule für Kunst und Design Hannover tätig. 2022 ist ihre Monographie Dekoloniale Kunstgeschichte: eine methodische Einführung beim Deutscher Kunstverlag erschienen.
Mahmoud Keshavarz: Auf der Suche in Polizeiarchiven: Zwei Case Studies, um die Geschichte des Making zu verlernen
Was passiert, wenn Polizeiarchive und nicht Sammlungen und Museen zum Kanon für die Geschichte von Handwerk und Design werden? Was sehen wir, wenn wir die Geschichte des Making und Gestaltens aus der Perspektive von rassifizierten, deportierten Makern und Designer*innen betrachten, deren kriminalisiertes Schaffen zum Grund für die Deportation und den Ausschluss aus den nationalen
Narrativen des Gestaltens wurde? Dieser Vortrag basiert auf zwei kurzen Case Studies aus den 1920er
und 2000er Jahren, die aus dem schwedischen Polizeiarchiv stammen, und skizziert einige Ideen zum Verlernen von nationalisierten Geschichten des Machens und Gestaltens.
Mahmoud Keshavarz
ist Associate Professor für Kulturanthropologie an der Universität Uppsala, Schweden. In seiner Arbeit beschäftigt er sich mit der Frage, wie Grenzen durch Materialien, Bilder, Designs und Technologien geformt werden, die durch den Kolonialismus entstanden und auch heute noch in unserem Alltag präsent sind. Er ist Autor von The Design Politics of Passport: Materiality, Immobility, and Dissent
(Bloomsbury 2019), Co-Autor von Seeing Like a Smuggler: Borders from Below (Pluto Press 2021), Gründungsmitglied von Decolonizing Design und war Mitherausgeber der Zeitschrift Design and Culture.